Wann muss ein Start-up trotz Finanzierungszusage Insolvenz anmelden?

Mit dieser, auch für unsere Beratungspraxis wichtigen Frage, hatte sich erneut das OLG Düsseldorf befasst. Das Berufungsgericht entschied, dass eine positive Fortführungsprognose eines Startups auch im Rahmen der Überschuldungsprüfung auch dann bestehen kann, wenn Geldgeber zwar Gelder in Aussicht stellen, sich aber gerade nicht rechtsverbindlich hierzu verpflichtet.

Bei derart jungen Unternehmen muss bei der Insolvenzprüfung auf folgende Gesichtspunkte abgestellt werden:

  1. Das Unternehmen muss (nur) mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 % in der Lage sein, seine im Prognosezeitraum fälligen Zahlungsverpflichtungen aufgrund der Bereitstellung oder Zusage externer Finanzmittel zu erfüllen.
  2. Liegt eine erfolgversprechende Marktentwicklung vor? Um dies zu belegen, benötigt der Geschäftsführer eine nachvollziehbare und realistische Finanzplanung mit einem operativen Konzept, aus der sich eine erfolgversprechende Geschäftsentwicklung ableiten lässt.
  3. Allein die Zusage eines (finanzstarken) Investors, der das Unternehmen bereits in der Vergangenheit mit Darlehen unterstützt hat, reicht nicht aus. Dieser muss die Bereitstellung weiterer Mittel von der Vorlage einer aktuellen, nachvollziehbaren und realistischen Planung abhängig gemacht haben.
  4. Darüber hinaus muss die Finanzierung durch weitere Darlehen des Investors bis zu einer erfolgversprechenden Marktentwicklung gesichert erscheinen.

Ist dies nicht der Fall und hängt die Bereitstellung weiterer finanzieller Mittel im Einzelfall allein vom Willen des Kapitalgebers ab, kann der Geschäftsführer nicht darauf vertrauen, dass die Finanzierung des Unternehmens bis zu seiner erfolgreichen Etablierung am Markt gesichert ist. Wenn er in diesem Fall das Geschäft trotzdem fortführt, haftet er für alle Zahlungen, die nach Insolvenzreife geleistet wurden.

 

OLG Düsseldorf – Beschluss vom 9. Februar 2022, Az.: 12 U 54/21

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