Nur 2. Klasse Persönlichkeitsschutz im Internet? Google darf Namen mit Such-Ergänzung „bankrott” versehen

Die Verknüpfung des Namens eines Unternehmers mit dem Begriff „bankrott“ über die Autocomplete-Funktion von Google kann nach den Umständen des Einzelfalls zulässig sein. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG Frankfurt) entschieden und eine entsprechende Unterlassungsklage gegen Google abgewiesen. Das Ergebnis der Autocomplete-Funktion sei erkennbar unbestimmt und enthalte keine eigenständige Aussage, so das Gericht.

Google vervollständigt Namen des Klägers mit „bankrott“

Bei Eingabe von Vor- und Nachnamen des Klägers erscheint über die Autocomplete-Funktion von Google als Suchergänzungsvorschlag „bankrott“.

Zum Hintergrund: Zwei zur Unternehmensgruppe des Klägers gehörende Gesellschaften hatten vor rund zehn Jahren Insolvenz angemeldet und wurden später mangels Masse aus dem Handelsregister gelöscht. Zudem erschien ein konkret auf den Beschwerdeführer bezogener Eintrag auf der Website eines Inkassounternehmens, das von einem Geschäftspartner der Unternehmensgruppe beauftragt worden war. Gegen beide Anzeigen wandte sich der Kläger mit einer Unterlassungsklage.

Kein Verstoß gegen Datenschutz

Nachdem das Landgericht dem Kläger hinsichtlich der Autovervollständigungsfunktion noch Recht gegeben hatte, wies das Berufungsgericht die Klage nun vollständig ab. In Bezug auf die Anzeige des Bonitätseintrags auf der Webseite müssten die Grundrechte des Klägers hinter dem Recht der Beklagten und dem Interesse aller Nutzer an einem freien Informationszugang zurücktreten. Ein datenschutzrechtlicher Anspruch des Klägers auf Unterlassung der Suchwortergänzung „bankrott“ bei der namensbasierten Suche nach seinem Vor- und Nachnamen bestehe ebenfalls nicht.

Die Autocomplete-Funktion sei zwar als automatische Verarbeitung personenbezogener Daten einzustufen. Hier hätten die Interessen des Klägers an der Löschung aber hinter die Interessen der Nutzer und der Öffentlichkeit zurückzutreten.

Suchvorschlag bloß Ergebnis eines automatisierten Vorgangs

Im Rahmen der Interessensabwägung berücksichtigte das Gericht, dass die Bedeutung des Suchvorschlags „bankrott“ erkennbar offenbleibe und unbestimmt sei. Einem verständigen Internetnutzer sei bewusst, dass der Suchvorschlag Ergebnis eines automatischen Vorgangs sei. Der Nutzer könne mit der angezeigten Kombination zunächst „nichts anfangen“. Ihr selbst sei keine eigenständige Behauptung zu entnehmen. Sie sei allein Anlass für weitere Recherchen. Selbst wenn der Nutzer eine Verbindung zwischen dem Kläger und dem Begriff „bankrott“ herstellen würde, wäre offen, wie diese Verbindung inhaltlich auszugestalten wäre. Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass es tatsächliche Anknüpfungstatsachen für die Verbindung des Namens mit dem Begriff „bankrott“ gebe. Entgegen der Ansicht des Klägers beschränke sich der Begriff „bankrott“ auch nicht auf den strafbewehrten Vorwurf des § 283 StGB. Er finde vielmehr im allgemeinen Sprachgebrauch im Sinne einer Zahlungsunfähigkeit beziehungsweise Insolvenz Verwendung.

Die Autocomplete-Funktion sei zwar als automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten zu qualifizieren. Das Löschungsinteresse des Klägers müsse hier aber hinter den Interessen der Nutzer und der Öffentlichkeit zurücktreten.

Google liefert lediglich automatisierte Suchvorschläge

Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung falle ins Gewicht, dass die Bedeutung des Suchvorschlags „bankrott“ erkennbar offen und unbestimmt geblieben sei. Einem verständigen Internetnutzer sei bewusst, dass der Suchvorschlag das Ergebnis eines automatisierten Vorgangs sei. Der Nutzer könne mit der angezeigten Kombination zunächst „nichts anfangen“. Ihr sei keine eigenständige Aussage zu entnehmen. Sie sei lediglich Anlass für weitere Recherchen. Selbst wenn der Nutzer eine Verbindung zwischen dem Kläger und dem Begriff „bankrott“ herstelle, bleibe offen, welchen Inhalt diese Verbindung haben solle. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass es tatsächliche Anknüpfungstatsachen für die Verbindung des Namens mit dem Begriff „bankrott“ gebe. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Begriff „bankrott“ auch nicht auf den strafrechtlichen Tatbestand des § 283 StGB beschränkt. Er werde vielmehr umgangssprachlich im Sinne von Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz verwendet.

Fazit: Die Durchsetzung des Persönlichkeitsrechtes wird durch diese Entscheidung, die noch nicht rechtskräftig ist, nicht gestärkt. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

 

Zum Urteil: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 20.04.2023 – 16 U 10/22 hier https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/presse/klage-gegen-google-zurueckgewiesen

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