Was ist eine Insolvenz?

Stand 01.01.2020

Was bedeutet Insolvenz? Insolvent zu sein bedeutet dem Gläubiger gegenüber zahlungsunfähig zu sein. Dafür gibt es grundsätzlich drei Gründe: Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Damit gehen auch Pflichten des Geschäftsführers einher, dieser hat nämlich einen Vermögensstatus aufzustellen und zu prüfen, ob eine positive Fortführungsprognose besteht. Wenn die Insolvenz besteht, können zahlreicher strafrechtlichen Folgenprobleme, wie Verletzung der Verlustanzeige und Gefahr der Insolvenzverschleppung, auftreten.

Felix Tittel, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht, klärt in diesem Artikel die Frage was eine Insolvenz ist und was die strafrechtlichen Folgen der Insolvenz sind.

Was bedeutet Insolvenz?

Definition Insolvenz: Insolvenz bedeutet die Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners gegenüber seinen Gläubigern. Das bedeutet: Können eine Privatperson oder ein Unternehmen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen, müssen diese Insolvenz anmelden. Unterschieden wird zwischen Unternehmensinsolvenz und der Privatinsolvenz. Umgangssprachlich ist auch von einer Pleite, einem Konkurs oder dem Bankrott die Rede.

 

Gründe für Insolvenzen

Im Wesentlichen gibt es drei Gründe, die zu einer Insolvenz führen:

  • Zahlungsunfähigkeit
  • drohende Zahlungsunfähigkeit
  • Überschuldung

Zahlungsunfähig ist, wer die Forderung eines oder mehrerer Gläubiger nicht mehr begleichen kann. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner die Zahlungen einstellt. Insbesondere wird Zahlungsunfähigkeit vermutet, wenn zum Stichtag 90% der fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr durch liquide Mittel gedeckt werden. Diese Liquiditätslücke darf in Abgrenzung zu einer Zahlungsstockung nicht länger als 3 Wochen bestehen.

Ist absehbar, dass Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit nicht gezahlt werden können, spricht man von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit. Drohende Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn voraussichtlich – das heißt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit – die Kriterien der Zahlungsunfähigkeit in Zukunft eintreten. Dabei ist innerhalb eines Zeitraumes von wenigen Monaten bis hin zu zwei Jahren die fälligen und künftig fälligen Verbindlichkeiten zu berücksichtige.

Von Überschuldung ist die Rede, wenn die offenen Forderungen höher sind als das vorhandene Vermögen. Der Überschuldungsbegriff ist modifiziert zweistufig. Die Überschuldung ist sowohl bei positiver Fortführungsprognose mit Fortführungswerten zu ermitteln. Bei negativer Fortführungsprognose ist die Überschuldung mit Liquidationswerten zu ermitteln. Die Fortführungsprognose soll eine begründete Aussage darüber treffen, ob ein Unternehmen nachhaltig in der Lage sein wird, seine geschäftlichen Aktivitäten unter Einhaltung der Zahlungsverpflichtung fortzuführen. Die Prognose ist positiv, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass das Unternehmen mittelfristig Einnahmenüberschüsse erzielen wird, aus denen die gegenwärtigen und künftigen Verbindlichkeiten gedeckt werden können.

Pflichten des Geschäftsführers:

Bei Anzeichen der Krise hat sich der Geschäftsführer der Gesellschaft durch Aufstellung eines Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstatus zu verschaffen und sich notfalls unter fachkundiger Prüfung zu entscheiden, ob eine positive Fortführungsprognose besteht.

Typische Anzeichen für eine Krise sind u. a.:

  • Die Kontokorrente sind ausgeschöpft oder es ist absehbar, dass diese demnächst ausgeschöpft werden
  • Die Lieferanten werden nicht mehr oder erst mit sehr viel Verspätung bezahlt (sogenannte Lieferantenkredite)
  • Mahnungen von Gläubigern häufen sich
  • Forderungen von größeren Kunden können wegen Ausfall oder Einwendungen nicht oder nicht in absehbarer Zeit realisiert werden
  • Kunden wechseln zur Konkurrenz
  • Eintritt neuer Gesellschafter, Änderung des Firmensitzes, Rückforderung von Gesellschafterdarlehen

Besteht die Fortführungsprognose nicht, hat der Geschäftsführer ohne schuldhaftes Zögern, mithin innerhalb von drei Wochen einen richtigen, das heißt vollständigen und formell und materiell zutreffenden Insolvenzantrag zu stellen, § 15a InsO.

Hinweis:

Der Geschäftsführer kann sich dabei nicht auf einem beauftragten Steuerberater verlassen. Eine Hinweispflicht des Steuerberaters besteht ohne explizite Vereinbarung nicht.

Strafrechtliche Folgen einer Insolvenz:

Eine Insolvenz kann Anknüpfungspunkt zahlreicher strafrechtlichen Folgenprobleme werden:

  • Verletzung der Verlustanzeige § 84 GmbHG-
    Der Geschäftsführer ist verpflichtet, unverzüglich, d.h. also ohne schuldhaftes Zögern, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, wenn die Hälfte des Stammkapitals verloren ist (§ 49 Abs. 3 GmbHG). Dabei ist es gleich, ob sich der Verlust aus der Jahresbilanz oder einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Zwischenbilanz ergibt; die Anzeigepflicht besteht auch, wenn der Geschäftsführer anderweitig von einem entsprechenden Absinken des Eigenkapitals erfährt. Besteht für den Geschäftsführer ein Anfangsverdacht hierzu, muss er sich durch grobe Zwischenbilanz vergewissern. Unterlässt er dies, so kann er nach § 84 Abs. 1 GmbHG mit einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe bestraft werden.
  • Gefahr der Insolvenzverschleppung § 15a InsO
    In jedem der drei Fälle muss Insolvenz angemeldet werden. Wenn der Zeitraum von drei Wochen überschritten ist, droht eine Insolvenzverschleppung gemäß § 15 a InsO. Eine Anklage wegen Insolvenzverschleppung in der Praxis häufig die logische Folge eines Insolvenzantrages. Die Staatsanwaltschaft erlangt Kenntnis von der Insolvenz durch Mitteilung des Insolvenzgerichtes. In etwa der Hälfte der Unternehmensinsolvenzen leitet die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen eins zu spät gestellten Insolvenzantrages. Neben der Strafandrohung von Freiheits- oder Geldstrafe zieht eine Verurteilung wegen eines Insolvenzdeliktes häufig eine Reihe von zivilrechtlichen Folgeproblemen nach sich, die eine spätere Berufsausübung vereiteln oder erschweren. Daher sind auch Strafbefehle, die in den Masseverfahren der Insolvenzdelikte gerne durch die Staatsanwaltschaft zu prüfen. Häufig werden Forderungen pauschal als fällig betrachtet oder grundsätzlich Vorsatz unterstellt. Oft halten diese Anklagen einer rechtlichen Prüfung nicht stand. 
  • Bankrott § 283 StGB
    Bankrott umfasst eine Reihe von unterschiedlichen Tatbeständen. Darunter das Beiseiteschaffen und Verheimlichen von Vermögensgegenständen, Verletzung von Buchführungs- und Bilanzierungspflichten. Objektive Bedingung eines Bankrottdeliktes ist, die Zahlungseinstellung, die Eröffnung eines Insolvenzverfahren oder die Ablehnung mangels Masse. In Abgrenzung zu einer Strafbarkeit wegen Verletzung der buchführungspflichten gemäß § 283 b StGB ist hier das Handeln in der Krise oder Herbeiführung der Krise Tatbestandsmerkmal.
  • Gläubiger- und Schuldnerbegünstigung §§ 283 b, 283 c StGB
    Beide Delikte dienen der Sicherung der Insolvenzmasse; § 283 b StGB erfassen Zahlungen an einzelne Gläubiger nach Eintritt der Insolvenz. § 283 c StGB erfasst das Beiseiteschaffen von Vermögensbestandteilen.
  • Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt § 266 a StGB
    Hat das krisenbetroffene Unternehmen Angestellte sind monatlich Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Sobald diese nicht mehr gezahlt werden können, droht eine Anklage wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt gemäß § 266a StGB. Im Hinblick auf die strafbefreiende Selbstanzeige gemäß § 266 a StGB ist es unbedingt notwendig umgehend Kontakt mit der Einzugsstelle aufzunehmen und darzulegen, warum die Zahlung nicht möglich ist.

Folgen einer Verurteilung

Oft droht bei einer Verteilung lediglich eine Geldstrafe. Die Tagessatzhöhe fällt oft gering aus. Die Folgen, die eine Verurteilung nach sich zieht, sind jedoch erheblich:

 

  • BZRG
    Ab einer Verurteilung zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagesätzen, wird der Betroffene in das Bundeszentralregister eingetragen. Die Eintragung erlischt erst nach 3 Jahren
  • Berufsverbote
    Wer wegen Insolvenzverschleppung rechtskräftig- auch durch Strafbefehl verurteilt wird, darf unabhängig von einem Eintrag in das Bundeszentralregister für 5 Jahre nicht mehr Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft sein, § 76 AktG, § 6 GmbHG. Ferner droht die Gewerbeuntersagung § 35 GewO oder die Verweigerung einer Gaststättenkonzession.
  • Versagung der Restschuldbefreiung
    Durch die umfassenden Haftungsproblematiken droht in Folge einer Unternehmensinsolvenz auch eine Privatinsolvenz des Geschäftsführers. Eine Restschuldbefreiung kann dem Schuldner auf Antrag der Gläubiger versagt werden, wenn dieser in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Antrag wegen einer Straftat gemäß §§ 283- 283 c StGB zu einer Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen verurteilt worden ist. Hinweis: Anders als im Strafprozess sind insolvenzrechtlich auch Tatsachen zu offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen (§§ 20, 97 InsO); die pflichtgemäße Auskunft darf jedoch in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten nur mit Zustimmung verwendet werden.