Teil 3 – Greenwashing in der Werbung: Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung und rechtliche Konsequenzen

von Rechtsanwalt u. FA für gewerblichen Rechtsschutz Dr. Marc Laukemann*


Einleitung: In den vorherigen Teilen dieser Serie haben wir die Grundlagen und spezifischen Begriffe der Umweltwerbung behandelt. In diesem abschließenden Teil widmen wir uns den Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und den potenziellen strafrechtlichen Risiken bei umweltbezogener Werbung.

Klima 1

Integration der Erkenntnisse aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD

Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD):
Die CSRD, insbesondere Richtlinie (EU) 2022/2464, regelt die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Unternehmen neu und fordert eine umfassende und präzise Darstellung der ESG-Aspekte. Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) definieren dabei die grundlegenden qualitativen Merkmale dieser Berichterstattung, wie Relevanz, Verständlichkeit, wahrheitsgetreue Darstellung und Überprüfbarkeit.

Qualitative Merkmale und Vermeidung von Greenwashing:
Nach den ESRS (ESRS 1, Anl. B) muss die Nachhaltigkeitsberichterstattung relevant, verständlich, vollständig und korrekt sein. Greenwashing, verstanden als irreführende oder falsche Darstellung von Umweltleistungen, verstößt gegen diese Grundsätze und führt zu einer verzerrten Wahrnehmung der tatsächlichen Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens.

  • Relevanz: Informationen müssen für die Nutzer relevant und für die Entscheidungsfindung bedeutsam sein. Die Darstellung unwichtiger oder irrelevanter Informationen wird als Verstoß gegen das Relevanzprinzip gewertet.
  • Verständlichkeit: Aussagen müssen klar und prägnant sein, um Missverständnisse zu vermeiden. Mehrdeutige oder vage Formulierungen, wie etwa „wir setzen uns für Klimaneutralität ein“, sind ohne klare Erläuterung nicht ausreichend und können als Greenwashing interpretiert werden.
  • Wahrheitsgetreue Darstellung: Die Berichterstattung muss die tatsächliche Sachlage umfassend und unvoreingenommen darstellen. Es darf keine selektive Hervorhebung positiver Aspekte geben, während negative Auswirkungen oder Risiken verschwiegen werden.
  • Vergleichbarkeit und Überprüfbarkeit: Um Aussagen zu validieren, müssen sie überprüfbar sein. Dies erfordert transparente Methoden und nachvollziehbare Daten, die sowohl innerhalb des Unternehmens als auch im Vergleich zu anderen Marktteilnehmern konsistent sind.

Drohendes Totalverbot für Umweltwerbung?

Mit Inkrafttreten der nationalen Umsetzungsvorschriften des EmpCO-Richtline (englisch: Empowering Consumers for the green transition through better protection against unfair practices and through better information,) zur UWG (spätestens ab 27.9.2026) werden faktisch deutlich strengere Maßstäbe für die Umweltwerbung gelten:

  • Unbegründete allgemeine Umweltaussagen werden nur noch unter äußerst restriktiven Voraussetzungen zulässig sein (vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. p) i.V.m. Nr. 4a Anhang I UGP-RL-neu).
  • Die Verwendung privater Nachhaltigkeitssiegel wird unter einen Zertifizierungsvorbehalt gestellt (Ziff. 2a Anhang I UGP-RL-neu).
  • Umweltvorteile, die sich aus der Kompensation von Treibhausgasemissionen ergeben, dürfen Produkten nicht mehr zugerechnet werden (vgl. Ziff. 4c Anh. I UGP-RL-neu). Ein Verbot, mit dem Engagement für Klimaschutz- und Kompensationsprojekte zu werben, ist damit ausdrücklich nicht verbunden.

Diese sehr strengen Regelungen werden faktisch einen – „dem deutschen Werbe- und Lauterkeitsrecht bislang fremden – ex-ante-Prüfvorbehalt für ausdrückliche Umweltaussagen (einschließlich deren Substantiierung)“ führen (Art. 10 Green Claims-RL-Vorschlag, kritisch hierzu: Dobler/Hardinghaus, BB 2024, 2439, 2446)

Strafrechtliche Risiken umweltbezogener Werbung

Greenwashing und mögliche strafrechtliche Konsequenzen:
Greenwashing kann nicht nur zivilrechtliche, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Die Irreführung durch umweltbezogene Werbeaussagen kann als Betrug nach § 263 StGB oder als Kapitalanlagebetrug nach § 264a StGB gewertet werden. Auch Marktmanipulation nach § 119 Abs. 1 WpHG kann relevant werden, wenn die Irreführung über die Umweltauswirkungen eines Produkts gezielt den Preis von Finanzinstrumenten beeinflusst.

Handlungsempfehlungen zur Vermeidung von Greenwashing

Um die rechtlichen Risiken zu minimieren, sollten Unternehmen folgende Maßnahmen ergreifen:

  1. Prüfung der Werbeaussagen:
    Unternehmen sollten vor der Veröffentlichung umweltbezogener Werbung sicherstellen, dass diese Aussagen klar und spezifisch sind und den strengen rechtlichen Anforderungen der EU-Richtlinien und der aktuellen BGH-Rechtsprechung entsprechen.
  2. Transparenz:
    Angaben zur Umweltfreundlichkeit sollten immer durch konkrete, nachvollziehbare Informationen unterstützt werden. Diese sollten bereits in der Werbung selbst enthalten sein, um Missverständnisse zu vermeiden, und durch Verweise auf detaillierte Erläuterungen auf einer Website ergänzt werden.
  3. Rechtsberatung:
    Vor der Veröffentlichung umweltbezogener Werbeaussagen ist eine rechtliche Prüfung ratsam, um sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind und keine Irreführung vorliegt. Angesichts der jüngsten BGH-Rechtsprechung ist es besonders wichtig, die Klarheit und Eindeutigkeit der Werbebotschaften zu überprüfen.
  4. Schulungen und interne Kontrollen:
    Führungskräfte und Mitarbeiter sollten regelmäßig geschult werden, um Greenwashing zu vermeiden und die rechtlichen Anforderungen zu verstehen. Interne Kontrollen und Audits können helfen, die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen und potentielle Risiken frühzeitig zu erkennen.

Fazit: Greenwashing vermeiden und rechtlich sicher werben

Die wachsende Bedeutung von Umweltaspekten in der Unternehmenskommunikation erhöht das Risiko von Greenwashing. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Umweltangaben präzise, überprüfbar und auf einer soliden Grundlage basieren, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Die jüngsten Entwicklungen in der Rechtsprechung und auf europäischer Ebene erfordern eine sorgfältige Überprüfung und Anpassung der Marketingstrategien. Transparente, klare und evidenzbasierte Umweltaussagen sind der Schlüssel zu einer glaubwürdigen und rechtlich sicheren Kommunikation.


Über LFR Wirtschaftsanwälte: LFR Wirtschaftsanwälte sind Ihr Partner für alle Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes, insbesondere im Wettbewerbsrecht. Unsere Anwälte verfügen über umfangreiche Expertise in den Bereichen Wettbewerbs-, Urheber-, Lizenz- und Markenrecht sowie im Umgang mit irreführenden Werbeaussagen.

Verpassen Sie nicht die vorherigen Teile dieser Artikelserie, in denen wir die rechtlichen Grundlagen und spezifischen Begriffe der Umweltwerbung behandelt haben.

Foto(s): Kreiert mit ChatGpt 4.0 am 21.10.2024