Von Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann
Teil 2: Strategien zur Konfliktbearbeitung – Das Spiel mit Kriegstechniken
Einleitung:
Dieser Teil konzentriert sich auf die strategische Nutzung von Konflikten zur Erlangung taktischer Vorteile. Die vorgestellten Ansätze basieren auf den „36 Strategemen“ der chinesischen Kriegskunst und zeigen, wie Konflikte gezielt manipuliert werden können, um Vorteile zu erlangen. Obwohl diese Taktiken kurzfristige Erfolge erzielen können, sollten sie mit Vorsicht verwendet werden, da sie selten zu nachhaltigen Lösungen führen. Eidenschink erinnert uns, dass der Versuch, Konflikte nur zu „kontrollieren“, die Dynamik oft nur verstärkt.
Warum braucht es einen strategischen Konfliktansatz? Nicht jeder Konflikt erfordert den gleichen Aufwand oder dieselbe Strategie. In komplexen oder kritischen Situationen – wie bei Gesellschafterstreitigkeiten oder großen Verhandlungen – ist ein durchdachter strategischer Ansatz entscheidend. Dieser Ansatz hilft Ihnen, nicht nur kurzfristige Probleme zu lösen, sondern auch langfristige Stabilität und Erfolg zu sichern.
Wann und wie setzen Sie diesen Ansatz ein? Der strategische Ansatz wird dann relevant, wenn die Energie des Konflikts gezielt genutzt werden muss, um ein Ziel zu erreichen. Dies bedeutet, dass Sie den Konflikt nicht nur „lösen“, sondern ihn aktiv gestalten, um Ihre unternehmerischen oder rechtlichen Ziele zu erreichen.
Die 36 Strategemen zur Konfliktbewältigung
Strategien | Beschreibung |
I. Wenn man überlegen ist | |
1. Tarnen und verschleiern | Die wahren Absichten verbergen |
2. Achillesferse treffen | Schwachstellen des Gegners ausnutzen |
3. Stellvertreter einsetzen | Stärkere oder Verbündete einsetzen |
4. Aussitzen | Den Konflikt hinauszögern, bis der Gegner schwächer wird |
5. Aasgeiern | Aus der Schwäche des Gegners Vorteile ziehen |
6. Ablenken | Den Gegner durch falsche Fährten in die Irre führen |
II. Wenn man gleichstark ist | |
7. Etwas erfinden | Eine Bedrohung oder Herausforderung aufbauschen |
8. Schläfer einsetzen | Langfristige Strategien vorbereiten, die erst später zum Einsatz kommen |
9. Abwarten | Passivität einsetzen, um den richtigen Moment zu erwischen |
10. Doppelzüngigkeit | Den Gegner täuschen, indem man verschiedene Aussagen trifft |
11. Bauernopfer | Schwächere Ressourcen opfern, um später zu profitieren |
12. Abstaubertore machen | Aus den Fehlern des Gegners einen Vorteil ziehen |
III. Wenn man offensiv überfallen will | |
13. Provokation | Den Gegner aus der Reserve locken |
14. Etikett austauschen | Etwas scheinbar Harmloses umbenennen, um es zu tarnen |
15. Isolieren | Den Gegner von seinen Unterstützern trennen |
16. Loslassen | Den Gegner in Sicherheit wiegen, um dann zuzuschlagen |
17. Ködern | Den Gegner in eine Falle locken |
18. Schaltstellen besetzen | Schlüsselpositionen einnehmen, um Kontrolle zu erlangen |
IV. Wenn man überrascht worden ist | |
19. Versorgungslinien kappen | Ressourcen und Nachschub des Gegners blockieren |
20. Verwirrung stiften | Den Gegner durch gezielte Verwirrung destabilisieren |
21. Trojanisches Pferd | Sich in den Gegner einschleusen, um ihn von innen zu schwächen |
22. Einkreisen | Den Gegner einkreisen, um seine Handlungsfähigkeit zu verringern |
23. Fernen Feind verbünden | Sich mit einem entfernten Gegner gegen den nahen Feind verbünden |
24. Gegner schwächen lassen | Den Gegner seine eigenen Ressourcen und Energien aufbrauchen lassen |
V. Wenn man überrumpelt wurde | |
25. Basis vernichten | Schlüsselkräfte des Gegners abwerben |
26. Stellvertreterkriege | Konflikte durch Dritte austragen lassen |
27. Sich dumm stellen | Unterschätzt werden, um den Überraschungseffekt zu nutzen |
28. Fallen stellen | Den Gegner durch geschickte Manöver in eine Sackgasse locken |
29. Blenden | Den Gegner durch Scheinhandlungen ablenken |
VI. Rückzugsstrategien | |
30. Feind unterwandern | Den Gegner infiltrieren, um ihn zu schwächen |
31. Lockvogel | Den Gegner durch falsche Signale in die Irre führen |
32. Furcht vor Hinterhalt | Den Gegner in ständige Angst vor Angriffen versetzen |
33. Spaltpilze setzen | Interne Konflikte im Lager des Gegners schaffen |
34. Mitleid erwecken | Den Gegner durch vorgetäuschtes Leid ablenken |
35. Strategien verkehren | Die Taktiken des Gegners gegen ihn selbst wenden |
36. Rückzug | Flucht als Mittel, um später in stärkerer Position zurückzukehren |
Ethik und Rechtfertigung des Einsatzes solcher Techniken: Diese Techniken sollten ethisch verantwortungsvoll eingesetzt werden und nur dann, wenn andere Optionen erschöpft sind und eine schnelle Lösung erforderlich ist. Ihr Einsatz sollte stets darauf abzielen, den langfristigen Schaden zu minimieren und das geringere Übel zu wählen.
Fazit der Strategemen:
Diese Taktiken sind keine nachhaltigen Lösungen, sondern kurzfristige Manöver zur Gewinnmaximierung. Ihre Anwendung erfordert strategische Weitsicht und sollte stets abgewogen werden. Wie Eidenschink und Schweizer/Ponschab betonen, ist es entscheidend, Ziele von Verhalten zu trennen und die irrationalen Impulse des Gegners zu erkennen, um rationale Lösungen zu fördern(
Schlüsselsatz:
„Wer Konfliktstrategien wie Kriegslisten nutzt, muss sich bewusst sein, dass er den Rechtsfrieden aufs Spiel setzt.“
Verbindung zu den anderen Teilen:
Nachdem dieser Teil die aggressive und taktische Nutzung von Konflikten behandelt hat, geht es im dritten Teil um nachhaltige Ansätze zur Konfliktregulierung, die langfristige Entwicklung fördern und das Unternehmen stabilisieren sollen.
Quellen:
- 36 Strategeme – Wikipedia
- Eidenschick, Klaus, Liebe Konflikte Eine Frage der Perspektive(n), Juni 2024 unter https://www.managerseminare.de/ms_Artikel/Liebe-Konflikte-Eine-Frage-der-Perspektiven,284425
- Eidenschick, Klaus, Liebe Konflikte, Wenn „falsch“ richtig ist, August 2024 unter https://www.managerseminare.de/ms_Artikel/Liebe-Konflikte-Wenn-falsch-richtig-ist,284579
Über die Kanzlei LFR Wirtschaftsanwälte und den Autor
*Dr. Marc Laukemann ist Partner bei LFR Wirtschaftsanwälte und Experte für Konfliktregulierung in unternehmerischen Kontexten. Mit seiner langjährigen Erfahrung unterstützt er Unternehmen dabei, rechtliche Auseinandersetzungen strategisch zu führen und dabei den Fokus auf nachhaltige Lösungen zu legen. Sein Ansatz verbindet juristische Präzision mit einem tiefen Verständnis für die Dynamik zwischenmenschlicher Beziehungen, um Konflikte sowohl auf rechtlicher als auch auf zwischenmenschlicher Ebene zu regulieren.
Über LFR Wirtschaftsanwälte ist eine auf Wirtschaftsrecht spezialisierte Kanzlei mit einem Fokus auf die Bewältigung und Regulierung von Konflikten in der Geschäftswelt. Ob es um Gesellschafterstreitigkeiten, Prozessführung oder Mediation geht, unser Ziel ist es, Konflikte nicht nur zu lösen, sondern auch als Chance für nachhaltiges Wachstum zu nutzen. Mehr über unsere Arbeit in diesen Bereichen erfahren Sie auf unseren Seiten zu Gesellschafterstreit, Coaching und Prozessführung und ADR.