Stand 2019
Kommt es unter mehreren Geschäftsführern einer Gesellschaft zum Gesellschafterstreit, kann dies verschiedenste Reaktionen nach sich ziehen.
In diesem Beitrag beleuchtet unser Partner sowie Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie gewerblichen Rechtsschutz, Dr. Marc Laukemann, die Rechtslage bei Gesellschafterstreitigkeiten und geht auf Beispiele und mögliche Handlungsstrategien bezüglich der Strafbarkeit ein.
Ausgangslage
Denkbare Verfahrensweisen sind etwa, dass entscheiden wird, sich von einem Geschäftsführer zu trennen, um künftigen Streitigkeiten vorzubeugen. Idealerweise wird hier eine für alle Beteiligten einvernehmliche Lösung gefunden. Es kann aber auch dazu kommen, dass Wege zu leiten. Mit wiederholtem Druck wird zunächst versucht, den Geschäftsführer selbst zur Niederlegung zu bewegen.
Bleibt dies ohne Erfolg, kann es zu weiteren unredlichen Bemühungen seitens der übrigen Geschäftsführer kommen. Beispielsweise wird der Betroffene in ein schlechtes Licht gerückt, sodass auch die übrigen Gesellschafter meinen, dass man sich besser von dem Geschäftsführer trennen sollte. Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass der Betroffene nicht untätig bleiben wird und sich gegen die Vorwürfe verteidigen möchte. Hierzu wird er regelmäßig entsprechende Beweise benötigen. Nicht mehr weit davon entfernt ist sodann, dass er sich zu diesem Zweck die bisherigen Geschäftsunterlagen beschafft und auf einem Speichermedium sichert.
So kam es im vorliegenden Ausgangsfall dazu, dass der betroffene Geschäftsführer Firmendaten auf seinen Firmenrechner heruntergeladen und sämtliche auf dem Rechner befindlichen Daten auf einer privaten, passwortgesicherten Speicherplatte gesichert hatte. Dem Verhalten lag der wegen vorheriger Geschehnisse (berechtigte) Verdacht zugrunde, die übrigen Geschäftsführer würden ihn um jeden Preis als Geschäftsführer fristlos kündigen wollen. Wegen des Vorwurfs des Datendiebstahls wurde dem betroffenen Geschäftsführer neben der außerordentlichen Abberufung als Geschäftsführer sowie der außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund strafrechtliche Konsequenzen angedroht.
Zu beantworten ist damit die Frage, ob das vorliegende Kopieren und Sichern von Firmendaten durch einen Geschäftsführer dessen Strafbarkeit begründen kann.
Rechtliche Würdigung
Auf Grundlage des gegenständlichen Vorwurfs „Diebstahl von Daten“ liegt eine nähere Betrachtung des Diebstahls nach § 242 Abs. 1 StGB nahe. Danach ist strafbar, wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen. Bei den Daten müsste es sich vorliegend also um fremde bewegliche Sachen handeln. Bereits die Sacheigenschaft ist aber fraglich. Sachen sind körperliche Gegenstände (vgl. § 90 BGB). Damit stellen zwar Datenträger als solche eine Sache dar, jedoch nicht die vorliegenden elektronisch gespeicherten Daten selbst. Hat der Geschäftsführer die Daten auf einer in seinem Eigentum befindlichen Speicherplatte gesichert, scheitert auch ein Diebstahl an der Speicherplatte. Insbesondere bestand vorliegend für die Gesellschaft die faktische Zugriffsmöglichkeit auf die Speicherplatte, da sich diese in den Büroräumen der Gesellschaft befand.
Weil die betroffenen Daten aber unter den Datenbegriff des § 202a Abs. 2 StGB gefasst werden können, kommt eine Strafbarkeit nach § 202a Abs. 1 StGB, somit wegen des Ausspähens von Daten, in Betracht. Strafbar ist danach, wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten i.S.d. Abs. 2, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft. Von Relevanz ist damit zunächst, ob die Daten nicht für den Geschäftsführer bestimmt waren. Diese Entscheidung trifft grundsätzlich der zur Verfügung über die Daten Berechtigte. Entscheidend ist folglich, dass im Zeitpunkt der Tathandlung die Daten nach dem Willen des Berechtigten dem Geschäftsführer nicht zur Verfügung stehen sollten. Hier handelt es sich um Firmendaten der Gesellschaft, bei welcher der Geschäftsführer im Zeitpunkt der Handlungen angestellt war. Als Geschäftsführer trug er die Mitverantwortung für alle operativen Themen der Gesellschaft. In seiner Stellung als Geschäftsführer war er berechtigt, die Firmendaten in der Firmen Cloud abzurufen.
Entsprechendes gilt für das Abspeichern dieser Daten auf dem Firmenrechner als Speicherort. Durch den eingerichteten Nutzeraccount war es dem Geschäftsführer auch ohne weiteres möglich, Zugriff auf die Daten zu erhalten. Selbst wenn das Kopieren nicht im Zusammenhang mit der Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsführer stand, ist § 202a StGB dann nicht erfüllt, wenn es sich lediglich um ein zweckwidriges Verwenden von für den Verwender bestimmte Daten handelt.1 Auch wurde bereits richterlich festgestellt, dass ein pflichtwidriges Sich-Verschaffen von dienstlich zur Verfügung stehenden Daten durch einen Amtsträger für private Zwecke vom Tatbestand des § 202a StGB nicht erfasst ist.2 Durch den eingeräumten Zugriff auf die Firmendaten sind diese auch zugänglich für den Geschäftsführer. Für den dargestellten Fall kommt damit auch eine Strafbarkeit nach § 202a StGB nicht in Frage.
Die Idee einer Betrugsstrafbarkeit nach § 263 Abs. 1 StGB lässt sich schon deshalb verwerfen, weil bereits die notwendige Täuschungshandlung des Geschäftsführers nicht erkannt werden kann. Auch ist nicht ersichtlich, wem gegenüber falsche Tatsachen vorgespiegelt bzw. wahre Tatsachen entstellt oder unterdrückt wurden, sodass es letztlich zu einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung und zu einem Vermögensschaden gekommen ist. Von einer Zueignungsabsicht kann aufgrund des Zwecks der vorgenommenen Handlungen ebenso wenig ausgegangen werden.
Eine die Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB begründende missbräuchliche Vermögensverfügung, die zu einem Vermögensnachteil der Gesellschaft geführt hat, kann ebenso wenig festgestellt werden.
Zu nennen ist weiter die Möglichkeit einer Strafbarkeit nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 GeschGehG, sofern es sich bei den kopierten Daten um Geschäftsgeheimnisse handelt. Danach wird bestraft, wer zur Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber eines Unternehmens Schaden zuzufügen, als eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person ein Geschäftsgeheimnis, das ihr im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Beschäftigungsverhältnisses offenlegt.
Ist der Geschäftsführer im Zeitpunkt des Kopierens im ungekündigten Dienstverhältnis, ist er ein bei der Gesellschaft Beschäftigter. Als Geschäftsführer hat er berechtigten Zugriff auf sämtliche die Gesellschaft betreffende Daten. Weiter müsste es hinsichtlich zur Tathandlung der Offenlegung gekommen sein. Eine solche liegt vor, sofern der Beschäftigte das Geschäftsgeheimnis gegenüber Dritten, nicht notwendigerweise aber gegenüber der Öffentlichkeit eröffnet hat.3 Erfasst wird hiervon auch die Weitergabe eines Informationsträgers.4 Hat der Geschäftsführer die Speicherplatte mit den Daten jedoch – wie im Ausgangsfall – zu treuen Händen in den Büroräumen der Gesellschaft verwahrt und zudem mit einem nur ihm bekannten Passwort gesichert, liegt keine Weitergabe vor. Vorliegend hat er die Informationen auch nicht gegenüber Dritten kundgetan. Vielmehr wurde durch die Verwahrung und den Passwortschutz sichergestellt, dass die Daten nicht in die Hände unbefugter Dritter gelangen. Kommt es jedoch zu einer solchen Offenlegung, müsste eines der in § 23 Abs. 1 GeschGehG genannten Handlungsmotive vorliegen.
Zum Zweck des Wettbewerbs handelt derjenige, dessen Verhalten geeignet ist, den eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen zu begünstigen und eine entsprechende Absicht besteht. Eigennützig handelt, wer sich durch die Handlung eine persönliche Besserstellung erhofft. In Betracht kommt auch ein Handeln zugunsten Dritter. Letztes Motiv ist die sog. Schädigungsabsicht, damit der zielgerichtete Wille, dem Unternehmensinhaber Schaden zuzufügen.5 In subjektiver Hinsicht ist zumindest bedingter Vorsatz erforderlich.
Fazit
Für den vorliegenden Ausgangsfall wird letztlich eine Strafbarkeit wohl nicht begründet werden können. Insgesamt ist jedoch auf die jeweiligen Umstände des konkreten Einzelfalls abzustellen, sodass eine pauschale Betrachtung der Rechtslage regelmäßig nur schwer möglich sein wird.
Quellen:
1Fischer, § 202a Rn. 7
2BayObLG, NJW 1999, 1727f.; Fischer, § 202a Rn. 7
3BT-Drs. 19/4724, S. 27
4BeckOK GeschGehG/Hiéramente, § 4 Rn. 47; Erbs/Kohlhaas/Diemer, UWG § 17, Rn. 22
5BeckOK GeschGehG/Hiéramente, § 23 Rn. 9ff.