Die 8 wichtigsten Lehren aus der Rechtsprechung im SEO-Recht

Stand 2016

Das Suchmaschinenmarketing (SEM), zu dem Suchmaschinenoptimierung (SEO) gehört, dient dazu Nutzer auf die Website zu leiten. Durch Ansprechen der Zielgruppe soll der Erfolg des Unternehmens gesteigert werden. Dabei gibt es auch rechtlich einige Aspekte, die im SEO Recht beachtet werden müssen 

Rechtsanwalt Babak Tabeshian L.L.M., Anwalt für Handels-, Franchise- und Vertriebsrecht, IT-Recht und internationales Wirtschaftsrecht hat in diesem Artikel die 8 wichtigsten Lehren aus der Rechtsprechung im SEOBereich zusammengefasst.  

1. Adwords-Werbung 

Wer mit Preisen wirbt, muss auch vollständig mit Preisen werben! 

 Selbst wenn im Rahmen einer Google-AdWords-Werbung nur begrenzt viel Platz zur Verfügung steht, um sein Produkt zu beschreiben, muss ein Händler, der mit Preisangaben wirbt, auch den vollständigen Preis im Sinne der Preisangaben angeben – findet das Landgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 13.05.2016 (38 O 120/15). 

Hintergrund der Entscheidung war, dass ein Online-Händler in der Ads-Werbung einen Handyvertrag mit der Angabe „9,99/M“ versah. Was der Händler jedoch nicht mitteilte, war, dass für den Erwerb der SIM-Karte für den beworbenen Tarif noch einmalig EUR 9,95 dazukamen. Das Landgericht Düsseldorf befand das Verhalten für unzulässig und irreführend gegenüber Verbrauchern, da nicht vollständig über den Gesamtpreis informiert wurde (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 6 PAngV). 

Fazit für den Werbenden: Sicher vor Abmahnungen durch Verbraucherzentralen und Schutzverbände ist nur der, der entweder alle Preisbestandteile in seine Werbung aufnimmt – oder einen Preis erst gar nicht erwähnt.  

2. Preisangaben 

Wer Werbung mit einem bestimmten Preis in einer Adwords-Anzeige platziert, hat dafür zu sorgen, dass ein Verbraucher dieses Angebot unmittelbar auf der verlinkten Seite wiederfindet! 

Und das, ohne dass weitere Hilfestellungen oder Klicks auf weitere Seiten notwendig sind – entscheidet das OLG Hamburg in seinem Urteil vom 25.02.2016 (Az.: 3 U 153/15).  

Ein Handyshop-Betreiber hatte im Rahmen einer Adwords Anzeige  „Das neue Samsung S 6 ab 1 €“ beworben. Statt dieses Angebot direkt auf der verlinkten Landingpage zu finden, musste sich ein Verbraucher über weitere Seiten durchklicken. Das OLG war der Ansicht, die Ausgestaltung der Werbung sei irreführend und dazu geeignet, einen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte. 

Fazit für den Werbenden: Vorsicht bei der Verlinkung von Bestpreis-Angeboten in Adwords. Dass sich das Angebot irgendwo im verlinkten Online-Shop wiederfindet, reicht nach der Rechtsprechung nicht aus. 

3. „Anti-Werbung“ mit einer fremden Marke 

Wer eine fremde Marke im Rahmen seiner Werbeanzeige verwendet, verletzt nicht zwingend Markenrecht, wenn die Werbung nur der Abgrenzung und nicht der Verunglimpfung und Herabsetzung des Wettbewerbers dient! 

Den geschützten Markennamen oder das Unternehmenskennzeichen eines anderen für eigene Zwecke zu verwenden, kann nur zu Streit führen. Wenn der Name eines Wettbewerbers und Markenrechtsinhabersauf ebay in der Angebotszeile jedoch nur dazu verwendet wird, um klarzustellen, dass es sich bei den eigenen gerade nicht um Produkte des anderen handelt, ist das nicht unlauter – entschied das LG München am 06.05.2016 (17 HK O 21868/15). 

Ein Online-Shop hatte seine Produkte unter anderem mit der Aussage beworben, dass es sich bei seinen Produkten nicht um die eines Wettbewerbers handelt. Zu Recht, wie das LG München findet. Die reine Namensnennung einer fremden Marke stellt noch keine Rufausbeutung sonstige Unlauterkeit dar, wenn nicht weitere Umstände, die zu so einer Annahme führen könnten, dazukommen.  

Fazit: Eine Abmahnung ist unberechtigt, wenn sie eine Rechtsverletzung behauptet, die allein darin besteht, dass eine klarstellende Produkteabgrenzung bezweckt. Dass durch die Erwähnung ein für den Werbenden positiver Nebeneffekt entstehen kann, wie, dass im Rahmen von Suchanfragen zu den Produkten des anderen die eigenen Produkte erscheinen, ist nicht verwerflich.   

4. Geringe Verfügbarkeit von Angeboten 

 Geringe Verfügbarkeiten von Angeboten, die jedoch in Wahrheit nur für das eigene Kontingent gelten, dürfen nicht mehr ohne diesen Hinweis beworben werden! 

„Nur noch 3 Zimmer verfügbar“ – ein jeder hat diesen alarmierenden Hinweis schon einmal bei der Buchung von Hotels gelesen. Damit soll nach der Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 03.02.2016  (4 HKO 5203/15) nun Schluss sein, wenn die Verfügbarkeit sich nur auf das portalseigene Kontingent bezieht und dieser Hinweis nicht deutlich gegeben ist.  

Der Hintergrund der Entscheidung ist klar, die Begründung des Landgerichts genauso nachvollziehbar: Ein Verbraucher wird durch die künstlich gehaltene Verknappung des Angebots in irreführender Weise dazu veranlasst, eine Entscheidung zu treffen, die er bei zutreffendem Hinweis – dass die Aussage sich nur auf das eigene Portal bezieht- möglicherweise nicht getroffen hätte.  

 

5. Kein Fall von Keyword-Advertising 

Es kann eine Markenrechtsverletzung darstellen, wenn das Ergebnis einer Suchmaschinenanfrage so beeinflusst wird, dass bei Eingabe der Marke auch Fremdmarken angezeigt werden! 

Wohingegen der Nutzer einer externen Suchmaschine (wie z.B. Google) daran gewöhnt sein kann, neben der gesuchten Marke über Keyword-Advertising Produkte angezeigt zu bekommen, die von Drittanbietern stammen, will er jedenfalls bei der Eingabe in einer internen Suchmaschine (z.B. bei Amazon) nur die Produktmarke angezeigt bekommen, die er auch gesucht hat. Dabei handelt es sich nämlich nicht um Keyword-Advertising, da das Ergebnis dem Nutzer als echte Trefferanzeigen zu seiner Suche präsentiert werden. Es ist auch deswegen kein Keyword-Advertising, wenn die Drittanbieter, die im Rahmen einer solchen Suchanfrage als Treffer angezeigt werden, keinen Einfluss auf das Suchergebnis haben, da das Suchergebnis nur ein Teil der kommerziellen Kommunikation des Plattformanbieters mit seinen Nutzern ist. 

Diese Art der Suchmaschinenbeeinflussung stellt nach Ansicht des Oberlandesgerichts München (Urteil vom 12.05.2016, 29 U 3500/15) eine Markenrechtsverletzung dar, da die herkunftsweisende Funktion einer Marke so nicht mehr gewährleistet wird.  

Fazit der Entscheidung ist, dass das Suchmaschinenergebnis des Plattformbetreibers so umprogrammiert werden muss, damit nur die Markenprodukte als Treffer angezeigt werden, die der Nutzer auch tatsächlich in die Suchmaschine eingegeben hat.

 

6. Google Ads- Anzeige 

Eine Google Ads-Anzeige, in der nur ein Markenname genannt wird, ist markenrechtsverletzend, wenn auf der unmittelbar verlinkten Seite Produkte von anderen Herstellern zu finden sind! 

Eine Markenrechtsverletzung ergibt sich bereits daraus, dass der Verkehr, der in der Adwords-Anzeige nur einen Markennamen liest, erwartet und nach der Ansicht des OLG München (Beschluss vom 26.10.2015 , 29 W 1861/15) erwarten darf, dass sich auf der verlinkten Seite nur Produkte des Inhabers des Markennamen bzw. Unternehmenskennzeichens befinden. Wäre die Werbeanzeige ergänzt um den Zusatz „u.a.“, wäre dem Verkehr sofort bewusst, dass es sich nicht nur um Produkte einer bestimmten Marke handelt.  

Die Entscheidung des OLG München ist sowohl für den betroffenen Markenrechtsinhaber, wie aber Verbraucher begrüßenswert, die hinter einer solchen Adwordswerbung auch nur die Produkte der eingangs angezeigten Marke wiederfinden wollen.  

7. Irreführende Angaben über Versandkosten 

 Händler, die Produkte über Google Shopping anbieten, bleiben verantwortlich für die Richtigkeit der Anzeige der Angebote, auch wenn Google die Informationen falsch übernimmt! 

Das OLG Naumburg hat in seiner Entscheidung vom 16.6.2016 (Az.: 9 U 98/15) klargestellt, dass ein Händler, der sich einer Suchmaschine – denn als solche ist, nach Ansicht des Gerichts, auch Google Shopping zu qualifizieren – im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BGH letztverantwortlich dafür ist, dass Preisangaben, die im Verkehr zwischen Verbrauchern stets anzugeben sind, richtig von Google übernommen wurden, wenn er sich einer solchen Suchmaschine zum Zwecke der Werbung bedient. Behauptet der Händler, er haben die Angaben vollständig eingetragen und Google sie falsch übermittelt, so ist beweisbelastet für die Vornahme einer Veränderung allein der Händler.  

Fazit der Entscheidung für Online-Händler, die ihre Waren über die Google-Shopping bewerben: Es bleibt in der Verantwortung der Händler selbst zu überprüfen und dafür zu sorgen, dass die eingestellten Kosten von Google richtig übernommen werden. 

 

8. Herstellerpreisempfehlung bei Amazon 

Ein Händler, der auf einer Internet-Handelsplattform in seinem Namen ein Verkaufsangebot veröffentlichen lässt, obwohl er dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil dem Plattformbetreiber die Angabe und Änderung der unverbindlichen Preisempfehlung vorbehalten ist, haftet als Täter für den infolge unzutreffender Angabe der Preisempfehlung irreführenden Inhalt seines Angebots! 

So lautet einer der amtlichen Leitsätze des Urteils des BGH vom 03.03.2016 (Az.: I ZR 110/15 ).  

Hintergrund der Entscheidung war ein Verkaufsangebot eines Händlers auf dem Amazon-Marketplace: Neben des Händlerpreises stand die durchgestrichene unverbindliche Herstellerpreisempfehlung mit dem Zusatz: „Sie sparen EUR 20/50 %“. Die durchgestrichene Herstellerpreisempfehlung stammte jedoch nicht etwa vom einstellenden Händler, sondern vom Marketplace-Betreiber Amazon. Der BGH entschied gegen den Händler, dem nach Ansicht der Karlsruher Richter eine regelmäßige Kontrolle seiner Einstellungen zum Schutz des Verbraucherverkehrs vor Irreführungen zumutbar ist. Da sich der Plattformbetreiber die Angabe unverbindlicher Preisempfehlungen auf seiner Plattform vorbehält, hätte dem Händler bewusst sein müssen, dass es zu gestalterischen Veränderungen und eventuellen Fehlern bei der Herstellerangabe kommen kann. Zum Zwecke eines lückenlosen Verbraucherschutzes ist es  dem Händler daher durchaus zumutbar, die Richtigkeit seines Angebots regelmäßig zu überprüfen.  

Auch diese Entscheidung zeigt eine klare Linie der Rechtsprechung, wonach die Händler, die sich einer Plattform bedienen, um ihre Produkte anzubieten oder zu bewerben sich auch dann erfolgreichen Abmahnungen von Wettbewerbern ausgesetzt sehen können, wenn die unzutreffenden Angaben aus der Sphäre des Plattformbetreibers stammen, da die Letztverantwortlichkeit für die Richtigkeit des Angebots beim Händler bleibt.