Beteiligungsverträge für Gründer: Worauf zu achten ist

Anwalt

von Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann*

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: Gründer vs. Investoren

2. Verhandlungen: Ein notwendiges Übel?

3. Struktur eines Beteiligungsvertrags

  • Cap Table
  • Vesting-Klauseln
  • Drag-Along und Tag-Along-Klauseln

4. Die Rolle des Notars

5. Alarmglocken: Kritische Klauseln

6. Praxistipps für Gründer

7. Checkliste für Gründer

8. Fazit

9. Rechtsquellen und weitere Literatur

10. Über LFR Wirtschaftsanwälte

1. Einleitung: Gründer vs. Investoren 

Gründer und Investoren haben unterschiedliche Interessen. Investoren suchen finanzielle Renditen und wollen Risiken minimieren, während Gründer die Kontrolle über ihr Unternehmen und dessen langfristigen Erfolg im Blick haben. Auch innerhalb der Gründergruppe können verschiedene Interessen bestehen. Daher ist es entscheidend, sich frühzeitig intensiv mit den Vertragsbedingungen auseinanderzusetzen.

2. Verhandlungen: Ein notwendiges Übel? 

Gründer stehen oft vor der Frage, ob sie in aufwändige Vertragsverhandlungen einsteigen oder die vorgelegten Verträge einfach akzeptieren sollen. Intensive Verhandlungen sind zeit- und kostenaufwendig. Doch ein blinder Vertrauensvorschuss in vorgefertigte Verträge kann gefährlich sein. Ein guter Mittelweg ist, sich von erfahrenen Anwälten beraten zu lassen. Diese helfen zu erkennen, welche Klauseln akzeptabel sind und welche nachverhandelt werden sollten.

3. Struktur eines Beteiligungsvertrags 

Ein Beteiligungsvertrag regelt die Beziehungen zwischen den Gründern und Investoren und enthält meist folgende Bestandteile:

Cap Table 

Diese Tabelle zeigt die Verteilung der Anteile und ist oft Teil des Term Sheets, das vor dem eigentlichen Vertrag verhandelt wird. Die Cap Table hat großen Einfluss auf die Kontroll- und Stimmrechte der Parteien. Sie hilft dabei, die Eigentümerstruktur und die Auswirkungen zukünftiger Finanzierungsrunden klar zu visualisieren.

Vesting-Klauseln 

Diese bestimmen, was mit den Anteilen eines Gründers passiert, wenn dieser das Unternehmen verlässt. Vesting dient als Anreiz, die Gründer langfristig an das Unternehmen zu binden. Wichtig sind die Unterscheidungen zwischen Good Leaver und Bad Leaver. Good Leaver erhalten ihre Anteile oder zumindest einen Teil davon, während Bad Leaver diese verlieren können.

Drag-Along und Tag-Along-Klauseln 

Diese Regelungen betreffen den Verkauf von Anteilen. Drag-Along bedeutet, dass Minderheitsgesellschafter ihre Anteile mitverkaufen müssen, wenn die Mehrheit verkauft. Tag-Along gibt den Minderheitsgesellschaftern das Recht, zu den gleichen Bedingungen zu verkaufen. Diese Klauseln sichern den Investoren eine effiziente Exit-Strategie.

4. Die Rolle des Notars

Notare spielen eine zentrale Rolle im VC-Prozess. Sie prüfen die Verträge und belehren die Parteien über rechtliche Risiken. Allerdings kann es problematisch sein, wenn Notare ein zu enges Verhältnis zu Investoren haben. Gründer sollten auf persönliche Anwesenheit bei Notarterminen achten und sich nicht auf Vollmachten verlassen. Ein direktes Gespräch mit dem Notar kann helfen, alle Risiken vollständig zu verstehen.

5. Alarmglocken: Kritische Klauseln 

Bestimmte Klauseln sollten Gründer besonders genau prüfen:

  • Operative Rolle und Vergütung: Regelungen zur Rolle und Vergütung der Gründer müssen klar definiert sein, ebenso wie die Abtretung von IP-Rechten.
  • Garantieübernahmen: Gründer sollten vorsichtig mit den Garantien sein, die sie übernehmen sollen.
  • Ausscheiden aus der Gesellschaft: Bedingungen für das Ausscheiden als Gesellschafter müssen fair sein, insbesondere die Abfindungsregelungen. Vesting-Klauseln sind hier besonders wichtig und müssen angemessen gestaltet werden.
  • Drag-Along- und Tag-Along-Klauseln: Diese Klauseln sichern Investoren den Exit und können Minderheitsgesellschafter stark beeinflussen.
  • Wettbewerbsverbote: Diese Klauseln können die zukünftigen beruflichen Möglichkeiten der Gründer stark einschränken. Wenn man diese Klauseln verhandelt – oft ist es besser sie bei den Vertragsverhandlungen nicht anzusprechen und darauf zu vertrauen, dass sich im Streitfall auf die Unwirksamkeit der Klauseln zu berufen. Sie sollten fair gestaltet sein und den Gründer nach seinem Ausscheiden nicht über Gebühr belasten oder ihn zumindest angemessen entschädigen.
  • Liquidationspräferenzen: Investoren erhalten im Fall einer Liquidation bevorzugte Auszahlungen, die ihrem Kapitaleinsatzrisiko Rechnung tragen soll. Diese Klausel sollte so gestaltet sein, dass sie fair und ausgewogen ist.

6. Praxistipps für Gründer 

  • Unterschied zwischen Gesellschafts- und Gründeranwälten: Gründer sollten sich bewusst sein, dass Anwälte, die für die Gesellschaft arbeiten, nicht immer die Interessen der Gründer vertreten. Es kann notwendig sein, eigene Anwälte zu engagieren.
  • Vollmachten bei Notarterminen: Gründer sollten persönlich an Notarterminen teilnehmen oder sich vom Notar vorher belehren lassen. Vollmachten können riskant sein.
  • Vertragsanlagen: Alle Vertragsanlagen müssen gründlich geprüft werden, da diese oft entscheidende Regelungen enthalten.
  • Vertragssprache: Verträge sollten in der Muttersprache der Gründer vorliegen, um Missverständnisse zu vermeiden.
  • Dokumentation von Gesprächen: Zentrale Gespräche mit Investoren, insbesondere die konkrete Ausgestaltung des Beteiligungsvertrages, grundlegende Absprachen über die Unternehmensstrategie die zukünftige Unterstützung durch Investoren (Vertreter) sowie sonstige Rahmenbedingungen für Zukünftige sollten dokumentiert und festgehalten werden, um spätere Missverständnisse zu vermeiden.

7. Fazit 

Beteiligungsverträge sind komplex und erfordern eine sorgfältige Prüfung. Gründer sollten sich nicht scheuen, rechtlichen Rat einzuholen und auf eine gründliche Dokumentation zu bestehen. Unsere Kanzlei, LFR Wirtschaftsanwälte, unterstützt Startups und Gründer bei der Ausarbeitung und Prüfung solcher Verträge, um Ihre Interessen bestmöglich zu wahren.

Für die Praxis können Sie mit folgender Checkliste arbeiten:

Checkliste für Gründer

  1. Anwalt einschalten: Lassen Sie Verträge von erfahrenen Anwälten prüfen und sich coachen.
  2. AGB-Recht und § 138 BGB: Nutzen Sie die Möglichkeiten, damit diese Regelungen Sie vor unfairen Klauseln schützen.
  3. Operative Rolle klären: Definieren Sie Ihre Rolle, Vergütung und Entscheidungsbefugnisse im Unternehmen klar.
  4. Garantien prüfen: Übernehmen Sie nur solche Garantien, die Sie auch verantworten können.
  5. Ausscheidensbedingungen verhandeln: Verhandeln Sie Vesting-Klauseln und Abfindungshöhen.
  6. Drag-Along-Klauseln: Verstehen und verhandeln Sie Mitveräußerungspflichten.
  7. Eheverträge: Schließen Sie Eheverträge, um Ihre Anteile zu schützen.
  8. Wettbewerbsverbote: Achten Sie darauf, dass Wettbewerbsverbote angemessen begrenzt sind.
  9. Notartermin selbst wahrnehmen: Nutzen Sie die Gelegenheit, sich vom Notar über die Risiken belehren zu lassen.
  10. Vertragsunterlagen vollständig prüfen: Fordern Sie den vollständigen Vertrag inklusive aller Anlagen an und prüfen Sie diese sorgfältig.
  11. Verträge in Muttersprache: Bestehen Sie auf Verträge in Ihrer Muttersprache, um Missverständnisse zu vermeiden.
  12. Dokumentation: Dokumentieren Sie alle wesentlichen Gespräche und Absprachen mit Investoren.

8. Rechtsquellen und weitere Literatur 

  • AGB-Recht (§§ 305 ff. BGB): Schützt vor unangemessenen Vertragsklauseln.
  • Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB): Klauseln, die stark benachteiligen, sind unwirksam.
  • Urteile:
    • BGH NJW 1992, 892: Angemessene Abfindung für ausscheidende Gesellschafter.
    • OLG München NZG 2020, 903: Kritik an umfassenden Erwerbsrechten bei Vesting-Klauseln.
  • Exist – Tipps zum Beteiligungsvertrag zwischen Investor und Start-up
  • Top 50 Startups – Vesting
  • Link auf Beitrag von Dr. Marc Laukemann Wie funktioniert Venture Capital? Ein Leitfaden für Start-up-Gründer

9. Übersicht über Wichtige Klauseln im Beteiligungsvertrag

KlauseltypBeschreibung
Vesting-KlauselnDiese sichern Investoren ab, dass Gründer nur über einen bestimmten Zeitraum hinweg ihre Anteile vollständig erwerben. Diese Klauseln unterscheiden oft zwischen Good Leaver (gute Trennung, z.B. bei Tod oder langer Krankheit) und Bad Leaver (schlechte Trennung, z.B. bei Kündigung durch den Gründer).
Good Leaver/Bad LeaverBedingungen, unter denen Gründer ihre Anteile beim Verlassen des Unternehmens behalten oder verlieren. Good Leaver: Meist Anspruch auf marktgerechte Abfindung. Bad Leaver: Häufig nur nominale oder stark reduzierte Abfindung.
Drag-Along-KlauselnVerpflichten Minderheitsgesellschafter zum Verkauf ihrer Anteile, wenn eine Mehrheitsgruppe verkauft.
WettbewerbsverboteVerbieten den Gründern, während und nach ihrer Tätigkeit für das Unternehmen bei Wettbewerbern zu arbeiten.
AbfindungsregelungenBestimmen die Bedingungen und Höhe der Abfindung bei Ausscheiden aus der Gesellschaft.

* Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann ist Gründungspartner von LFR Wirtschaftsanwälte München, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie für gewerblichen Rechtsschutz, zertifizierter Wirtschaftsmediator (IHK) und systemischer Business Coach (IHK). Der Unternehmersohn war unter anderem Geschäftsführer des elterlichen Bauunternehmens und ist Mitgründer eines Startups im Bereich Digital Health.

Über #LFR Wirtschaftsanwälte

LFR Wirtschaftsanwälte ist Ihr Partner für Unternehmer, Gründer und Start-ups. Wir verfügen über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Beratung von Unternehmern, Gründern und Investoren, insbesondere im Zusammenhang mit Finanzierungsrunden. Ein Schwerpunkt unserer Beratung liegt in der Auseinandersetzung von Start-Ups und VC-finanzierten Unternehmen, insbesondere bei Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit Unternehmensverkäufen (M&A-Streitigkeiten) oder Unternehmensnachfolgen, bei der Verteidigung von (ehemaligen) Gesellschaftern, Geschäftsführern, Vorständen, Aufsichts- und Beiräten gegen Ansprüche von Insolvenzverwaltern oder Unternehmenskäufern, bei der Abberufung, Bestellung und Durchsetzung von Geschäftsführern, Vorständen und Gesellschafter-Geschäftsführern.

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