Autoren: Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann und Rechtsanwalt Babak Tabeshian
Einführung
Die europäische Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) steht kurz vor ihrer Einführung. Diese Verordnung, die dieses Jahr noch in Kraft treten wird, wird einen einheitlichen Umgang mit KI in der EU regeln und betrifft nicht nur Anbieter, sondern auch Betreiber von KI-Systemen. Unternehmen müssen sich daher intensiv mit KI und den entsprechenden Compliance-Maßnahmen auseinandersetzen. Hier ein Überblick, was Sie als Unternehmer wissen müssen.
Hintergrund der EU-Regulierung
KI wird immer wichtiger in unserem Alltag, was die Forderung nach rechtlicher Regulierung verstärkt. Mit der Einführung von ChatGPT ist die Diskussion um KI-Regulierung noch intensiver geworden. Am 2. Februar 2024 gab das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bekannt, dass die KI-Verordnung einstimmig gebilligt wurde. Diese Verordnung wird bald verbindlich und Unternehmen sollten sich jetzt mit ihren Inhalten vertraut machen.
Worum geht es in der KI-Verordnung?
Die Verordnung zielt darauf ab, einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Entwicklung, den Vertrieb und die Nutzung von KI-Systemen in der EU zu schaffen. Sie gilt für Unternehmen jeder Größe und wird direkt in Deutschland wirksam. Wesentliche Punkte der Verordnung sind die Definition von KI und die regulatorischen Anforderungen.
Definition von KI-Systemen
Verordnung definiert ein KI-System als ein maschinengestütztes System, das autonom und anpassungsfähig ist. Wesentliche Kriterien sind:
- Autonomie: Systeme, die unabhängig von menschlichem Zutun agieren können.
- Anpassungsfähigkeit: Systeme, die selbstlernend sind und sich während der Nutzung verändern können.
Ein System muss außerdem Ziele verfolgen, Ergebnisse produzieren und diese Ergebnisse müssen die Umgebung des Systems beeinflussen können.
Wer ist betroffen?
Die Verordnung richtet sich an:
- Anbieter von KI-Systemen: Unternehmen, die KI-Systeme in der EU vertreiben oder betreiben, unabhängig davon, ob sie in der EU oder in einem Drittland ansässig sind.
- Betreiber von KI-Systemen: Unternehmen, die KI-Systeme eigenverantwortlich verwenden.
Risikokategorien
Produktcompliance für KI
Die KI-Verordnung unterscheidet zwischen verbotenen KI-Praktiken, Hochrisiko-KI-Systemen und allgemeinen KI-Modellen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die wesentlichen Anforderungen:
KI-Kategorie | Anforderungen |
Verbotene Praktiken | Keine manipulativen Techniken, keine biometrische Echtzeit-Fernidentifizierung, keine emotionale Auswertung. |
Hochrisiko-KI-Systeme | Strenge Dokumentationspflichten, Transparenzanforderungen, Konformitätsbewertung, CE-Kennzeichnung. |
Allgemeine KI-Modelle | Technische Dokumentation, Transparenz über die Nutzung, Einhaltung der Urheberrechte. |
Spezielle Regeln für KMU | Vereinfachte Dokumentation, Zugang zu Reallaboren, reduzierte Gebühren für Konformitätsbewertung. |
Geltungsbereich für Start-ups und Einzelpersonen
Die KI-Verordnung enthält spezifische Regelungen und Ausnahmen für Start-ups, Einzelpersonen und andere spezielle Gruppen. Die folgende Tabelle zeigt, wer unter die Verordnung fällt und welche Privilegien gelten:
Person/Zielgruppe | Voraussetzungen | Rechtsfolge/Privilegierung |
Natürliche Person, persönliche Verwendung | Verwendung ausschließlich persönlich, nicht beruflich | KI-VO gilt nicht |
Open Source | KI-Systeme unter freier und quelloffener Lizenz, außer Hochrisiko-KI-Systeme | KI-VO gilt nicht |
KMU, inkl. Start-ups | Kleine und mittlere Unternehmen | Erleichterungen wie vereinfachte Dokumentation, Zugang zu Reallaboren |
Forschung und Entwicklung | Vor Inverkehrbringen/Inbetriebnahme | KI-VO gilt nicht |
Kunst | Transparenzpflichten gelten nicht | Erwägungsgrund 134 |
Test | Testzwecke | Erleichterungen gemäß Art. 57 KI-VO |
Checkliste für Start-ups
Start-ups müssen bestimmte Schritte befolgen, um KI-Produkte konform mit der Verordnung zu verwenden. Hier eine Checkliste:
- Prüfen der KI-Definition: Vergewissern Sie sich, dass Ihr System als KI gemäß der Verordnung definiert ist.
- Risikoanalyse: Bestimmen Sie, ob Ihr System in eine der Risikokategorien fällt (z.B. Hochrisiko-KI-System).
- Dokumentation erstellen: Erstellen Sie technische Dokumentation und Nachweise für die Einhaltung der Verordnung.
- Konformitätsbewertung: Führen Sie eine Konformitätsbewertung durch und erhalten Sie ggf. die CE-Kennzeichnung.
- Transparenz sicherstellen: Implementieren Sie Transparenzanforderungen für Benutzer und stellen Sie sicher, dass alle Interaktionen und Datenverarbeitungen transparent sind.
- Gebrauchsanweisungen bereitstellen: Stellen Sie Gebrauchsanweisungen und alle notwendigen Informationen zur Verfügung.
- Beobachtungssystem einrichten: Richten Sie ein System zur Überwachung und Dokumentation von Vorfällen ein.
- Schulungen und Sensibilisierung: Schulen Sie Ihre Mitarbeiter und sensibilisieren Sie Ihre Organisation für die Einhaltung der KI-Verordnung.
Durch die Einhaltung dieser Schritte können Start-ups sicherstellen, dass ihre KI-Produkte den neuen gesetzlichen Anforderungen entsprechen und rechtliche Risiken minimiert werden.
Fazit
Die KI-Verordnung bleibt ein Bürokratiemonster, schafft aber höhere Klarheit und Sicherheit im Umgang mit KI in der EU. Durch die richtige Vorbereitung können Unternehmen die Herausforderungen der Verordnung meistern und sich rechtzeitig an die neuen Regelungen anpassen.
Über die Autoren
Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann ist Gründungspartner von LFR Wirtschaftsanwälte und unter anderem Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Er beschäftigt sich seit Jahren mit digitalen Geschäftsmodellen. Rechtsanwalt Babak Tabeshian, LL.M., ist Fachanwalt für IT-Recht, Partner und spezialisiert auf internationales IT-Vertriebsrecht. Weitere Informationen finden Sie auf LFR Wirtschaftsanwälte.